Frostresistenz

Frostresistenz

siehe auch Überwinterung von Bonsai


 

Die kalten Tagen mit Temperaturen teilweise weit unter dem Gefrierpunkt stellt sich immer wieder die Fragen: „Kann die Kälte den Bäumen etwas anhaben?“, „Sind sie gegen Frost und Eis gewappnet?“ und „Ab wann treten bei Bäumen Schäden durch Kälte auf?“
Wenn man den Ablauf der Prozesse während der Winterruhe versteht, wird es einfacher, die Bonsai richtig zu überwintern.

Winterruhe

Um den Winter zu überstehen, unterbrechen unsere heimischen Bäume vorübergehend ihr Wachstum. Der Verlauf und die Länge dieser Winterruhe sind überwiegend genetisch festgelegt. Beginn und Ende werden dabei hauptsächlich über die Tageslänge und Temperatur gesteuert und beginnen schon im Spätsommer,

Für Weiden, Birken, Buchen, Eichen, Ahorn, Fichten und Lärchen sind kürze Tage das auslösende Element, das dann durch sinkende Temperaturen unterstützt wird, während bei anderen Arten, wie Esche; Rosskastanie oder Kirsche, Nachttemperaturen unter +10°C langsam die Winterruhe einleiten, die dann durch kürzere Tage besiegelt wird.

Der Baum beginnt bereits vor dem Blattfall den Wachstumsprozess erst zu verlangsamen und endlich ganz zu beenden und Winterknospen zu bilden. Diese Knospen werden im Austrieb hormonell gehemmt, so dass diese auch in einem warmen Herbst nicht vorzeitig austreiben.

Mit zunehmender Kälte gegen Herbstende wird die absolute Winterruhe erreicht. Der Stoffwechsel der Pflanzen ist auf ein Minimum reduziert. Jetzt treiben die Bäume auch durch künstlich erzeugte Wärme oder Verlängerung der Tage nicht mehr aus.

Die Vollruhe wird bei den meisten Gehölzen erst aufgehoben, wenn ein gewisses, je nach Baumart unterschiedliches Mindestmaß an Kälte, tatsächlich erreicht war. In normalen Jahren passiert dieses bis zur Jahreswende.

Zum Jahresbeginn steigt die Stoffwechselaktivität langsam wieder an. Der Baum ist wieder zum Austrieb bereit und mobilisiert dazu seine Reserven. Ab jetzt kann durch einen Anstieg der Temperaturen der Austrieb ausgelöst werden.

Eine ungestörte Winterruhe in all ihren Phasen ist für die Entwicklung der Bäume wichtig. Dies ist die Voraussetzung für die maximale Frosthärte. Und nur aus einer gelungenen Winterruhe resultiert später im Frühjahr auch ein gleichmäßiger Austrieb.

Frosthärte oder Frostresistenz

Als Frosthärte, ist die Fähigkeit eines Organismus zu verstehen, Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ohne bleibende Schäden zu über- oder widerstehen.

Die Frosthärte unserer heimischen Bäume hängt von vielen Faktoren ab, ist jedoch in der Regel sehr hoch und erreicht bei besonders frostharten Baumarten Werte von mehr als -30°C. Besonders frostharte Nadelbäume und Zwergsträucher ertragen Fröste bis unter -50°C. In Einzelfällen und Hochlagen können Bäume auch schon einmal Temperaturen von weniger als -70°C ohne Schäden ertragen. Bei Pflanzen wird dazu als Vergleichsgröße jene Temperatur herangezogen, bei der nach eineinhalbstündiger Einwirkung 50% absterben.

Faktoren sind unter anderem:

  • Art:

So sind Ringporige- und makroporige Laubhölzer (Esche, Edelkastanie, Eiche, Nuß) wärmeliebender und daher frostempfindlicher als mikroporige Holzpflanzen (Ahornarten oder die meisten Nadelhölzer).

  • Herkunft:

Bäume der nördlichen Hemisphäre (Ahorn, Birke, Erle, manche Weiden und Pappeln, Fichte, Zirbe und viele andere Kiefernarten, Lärche) sind wesentlich frostresistenter als solche der südlichen (zahlreiche Eichenarten, Magnolien, Eiben, manche Tannenarten).

  • Jahreszeitliche Unterschiede:

Die Frosthärte erreicht ihren Höhepunkt im Winter infolge langsamer Abkühlung bei Temperaturen um -30°C bei der Fichte, und ca. -20°C bei der Eiche.

Während der Vegetationsperiode können schon Temperaturen von weniger als -5°C bei Fichte und 0°C bei Eiche zu Frostschäden führen.

Aufbau der Frosthärte

Die Frosthärte der einzelnen Pflanzenorgane ist sehr unterschiedlich. Sie liegt zum Beispiel bei den Knospen deutlich höher als im Wurzelbereich. Außerdem nimmt sie mit dem Alter des Baumes zu.

Sie wird während der Winterruhe in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf durch Abhärtung fließend gesteigert. Eingeleitet wird die Abhärtung durch anhaltende Temperaturen um 0°C. In den Zellen wird in dieser Phase die Bildung von Eiskristallen verhindert, in dem das Zellplasmas mit löslichen Kohlenhydraten anderen organischen Verbindungen angereichert wird und gleichzeitig eine Entwässerung durch Bindung der Wassermoleküle an organische Verbindungen stattfindet.

In der nächsten Stufe bei Temperaturen leicht unter 0°C, werden die Zellstrukturen so verändert, dass sie weiteren Wasserentzug durch zwischen den Zellen entstehendes Eis vertragen.

Eine maximale Härte entwickelt sich bei Temperaturen zwischen -5°C und -15°C (je nach Pflanzenart). Die Knospen der meisten heimischen Gehölze überstehen dann leicht Temperaturen zwischen -20°C und -25°C. Die Äste und der Stamm überstehen sogar noch viel tiefere Temperaturen, während der Wurzelbereich oft nur Temperaturen oberhalb von -10°C überlebt.

Es zeigt sich, dass jede Frostperiode den Baum auf die nächste, stärkere vorbereitet. Wird es kurzfristig wieder wärmer, geht die Pflanze auch wieder in eine Stufe geringerer Abhärtung über. Setzen dann erneut härtere Froste ein, kann ein hoher Abhärtungsgrad schnell wieder aufgebaut werden. Ist die Winterruhe beendet, nimmt die Fähigkeit zur Abhärtung schnell ab.

Frostschäden:

Frostschäden sind entweder direkt durch Erfrieren von Zellinhalten oder indirekt durch das Vertrocknen als Folge von extrazellulärem Erfrieren durch Entwässerung (Dehydration) verursacht. In der Regel treten Schädigungen des Wurzelballens durch Vertrocknen auch schon viel früher, als Erfrierungen am Baum, auf.

Die plasmatische Resistenz gegen Wasserentzug scheint in erster Linie durch Änderungen in der Zusammensetzung der Zellmembran sowie durch die Bildung und Anhäufung bestimmter Zucker, organischer Säuren, Aminosäuren und Proteine als Frostschutzmittel erreicht zu werden. Durch diese Schutzmaßnahmen ist es dem Baum möglich, die Bildung von spitzen, zerstörerisch wirkenden Eiskristallen zu verhindern, die Zellmembran und die innere Struktur der Zelle zu stabilisieren sowie empfindliche membrangebundene Enzyme gegen den Angriff zelleigener toxisch wirkender Stoffe abzuschirmen.

Die späteren Erfrierungssymptome Blatt-/oder Nadelverfärbungen, Ausbleichen, Schrumpfen bzw. Absterben von Gewebe und Risse der Rinde sind nur selten unmittelbar nach dem Schadereignis sichtbar.

Zum Beispiel, können Schäden auftreten wenn an frostig kühlen Wintertagen die Sonne kräftig strahlt. Dann werden die Stämme der Bäume auf der Sonnenseite stark erwärmt. Auf der nicht beschienenen Seite dagegen bleiben sie kalt. Diese Temperaturunterschiede verursachen Spannungen innerhalb des Holzes, was zum Platzen der Stämme führen kann. Es bilden sich tiefe Wunden, die in den meisten Fällen nicht mehr heilen und den Baum absterben lassen. Wenn die Sonne auf den Baum scheint, beginnen die Zellen im Stamm, sich zu teilen und zu wachsen. Kommt dann nachts der Frost, erfrieren die Zellen und die Rinde wird vom Baum abgesprengt.

Überwinterung von Bonsai

Aus diesen Gegebenheiten lassen sich einige Verhaltensweisen zur Überwinterung ableiten. Um einen Baum gegen Frost abzuhärten, muss alles unterlassen werden, was den Übergang in die Winterruhe verzögern kann, wie zum Beispiel starke Schnittmaßnahmen im Spätsommer oder Herbst.

Besonders frostempfindliche Organe sind neben den unverholzten Teilen des Baumes und den junge Blättern die Wurzeln. Der Wurzelbereich ist zwar durch das Pflanzsubstrat besser geschützt als die oberirdischen Organe aber hat die geringste Frostresistenz entwickelt und sollte besonders geschützt werden. Zum Bespiel wird der Ballen ohne Schale in den Gartenboden eingesenkt. Bei stärkeren oder länger anhaltenden Frostperioden, können zusätzlich auf den Boden gelegte Zweige oder andere isolierende Materialen (zum Beispiel Luftpolsterfolie) nützlich sein. Bei fehlender Schneedecke und starken Bodenfrösten treten häufig Absterbeerscheinungen an den oberflächennahen Wurzelteilen auf, die dann durch Sekundärschädlinge oder Schwächeparasiten befallen werden.

Wirklich gefährlich bei einer Freilandüberwinterung sind Fröste im Frühjahr, zum Ende der Winterruhe. Dann haben die Bäume aufgrund des milden Wetters ihre Abhärtung bereits verloren und eventuell sogar schon mit dem Frühjahrsaustrieb begonnen. Die noch jungen Knospen können zwar etwas Frost vertragen, bei neu gebildeten Blättern gibt es aber keine Frostresistenz mehr. In dieser Zeit sollten Bonsai keinem Temperaturen unter -3°C ausgesetzt sein.

Werden Freiland-Bonsai frostfrei überwintert, sollten die Temperaturen während der Winterruhe +5°C nicht überschreiten um einen vorzeitig Austrieb zu vermeiden.


 

Zusammengestellt Christoph Hartmann

2015

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